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Zigarettenstummel und Kindheitsträume: wie ich mit 7 anfing zu rauchen.

 Wir sitzen hier im Esszimmer meiner Schwester. Der Duft von frisch gekochter Pasta liegt noch in der Luft, während ich mich zurücklehne und meinen Vater mit einem breiten Grinsen ansehe. "Papa, erzähl mir bitte wieder eine deiner Geschichten aus deiner Jugend," sage ich, wissend, dass er sich kaum bitten lässt.

Mein Vati kam in den Jahren des Zweiten Weltkrieges in Montescaglioso zur Welt, einem kleinen Dorf mit 10.000 Einwohnern, wenige Kilometer von Matera in Süditalien entfernt. Genauer gesagt 1943. "Früher war alles anders. Die Zeiten waren hart," beginnt er, "Tod, Ruinen, Armut und Leid waren unser Alltag. Der Krieg war zwar 1945 vorbei, aber wir Kinder lebten noch lange in seinem Schatten."

Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück und zwinkert mir zu. "Damals war alles anders. Wir verbrachten unsere Tage draußen, spielten auf Wiesen, kletterten auf Bäume und ja, hin und wieder gingen wir auch zur Schule." Er lacht herzhaft. "Keine Handys, keine Spielkonsolen, kein Internet. All das war Science-Fiction. Wir hatten Murmeln, Flaschenverschlüsse und... na ja, manchmal auch ein paar Zigarettenkippen."

Ich muss lachen. "Ihr wart ja richtige Halunken!"
Ein Leben ohne Fernseher, ohne Playstation, ohne Google und ohne Netflix.

Mein Vater nickt grinsend. "Wir waren halt sieben, acht oder neun Jahre alt und wollten uns benehmen wie die Großen. Unsere Helden waren nicht Superhelden aus Comics, sondern die Jungs aus der Nachbarschaft, die schon rauchten. Wir haben alles von ihnen abgeschaut, sogar ihre coolen Sprüche."

Er erzählt weiter: "Heute sind Kinder ja gut behütet, bekommen Taschengeld, Kindergeld, Schulgeld, eine neue Jeans und immer eine warme Mahlzeit. Fehlt eigentlich nur noch eine Gewerkschaft für Kinder!" Er zwinkert mir zu. "Damals gab es das alles nicht. Unsere Eltern, unser Lehrer Professor Pietro Conduzzi und selbst wildfremde Erwachsene hatten das Recht, uns eine Ohrfeige zu verpassen, wenn wir aus der Reihe tanzten. Und glaub mir, das taten sie oft!"

Er seufzt und fährt fort: "Deshalb mussten wir verdammt gut aufpassen, wenn wir rauchten oder Kippen sammelten. Wir wollten cool sein, aber gleichzeitig mussten wir uns vor Erwachsenen in Acht nehmen."

Ich lehne mich gespannt vor. "Also, wie habt ihr es gemacht?"

Mein Vater lacht. "Wir waren Profis! Besonders die Bar von Maria Rosa in der Corso Repubblica war unser Lieblingsplatz. Dort trafen sich die wichtigen Leute: Professor Pietro Conduzzi, der Anwalt Signor Locantore, der Arzt, ein paar Dorf-Politiker und natürlich Maria Rosa selbst. Wir hatten alles perfekt im Blick."

Er zwinkert und beugt sich verschwörerisch zu mir. "Avvocato Locantore, ein großer Herr mit Glatze und einem teuren Anzug, hatte eine Eigenart. Immer wenn er eine Zigarette zur Hälfte geraucht hatte, schnippte er sie mit zwei Fingern auf die andere Straßenseite. Das war unser Moment! Wir warteten, bis er sich umdrehte, dann rannten wir los. Meistens war ich der Schnellste, aber wir teilten immer brüderlich."

Ich kann mir die Szene lebhaft vorstellen. "Und deine Mutter?"

"Ach," sagt er mit einem Augenzwinkern, "die wusste von nichts. Aber wehe, einer der Erwachsenen hätte uns erwischt – dann hätte es eine ordentliche Tracht Prügel gegeben!"

Er lehnt sich zurück und lächelt nostalgisch. "Ja, so habe ich in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Rauchen angefangen. Eine wilde Zeit, mein Junge, eine wilde Zeit."


Kinder sammeln Zigarettenstummel auf.


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